Salomonssiegel

Polygonatum multiflorum

Ein fröhliches Herz befördert die Gesundheit;
doch ein gedrücktes Gemüt zehrt den Körper aus.
~ Salomo ~

Das sagenumwobene Salomonssiegel, auch umgangssprachlich Weißwurz genannt, ist eine der interessantesten einheimischen Pflanzen. Leider ist sie trotz vielfältiger Einsatzgebiete in Vergessenheit geraten.

Ihren Namen Salomonssiegel verdankt sie der Form ihrer Rhizome, die wie Siegel aussehen. Rhizom bedeutet im Griechischen „das Eingwurzelte“, ist aber keine Wurzel sondern ein Sprossachsensystem. Jedes Jahr bildet das Rhizom der Salomonssiegelpflanze einen neuen Spross, von dem der Stengel austreibt. Im Herbst stirbt der Stengel, bricht von dem Rhizom ab und hinterlässt die kreisförmige Narbe, die dem Rhizom sein siegelähnliches Aussehen beschert.

König Salomo soll einen Siegelring getragen haben, von dem man behauptete, er stamme aus dem Paradies. Da Salomo ein sehr weiser Mann war, der sogar die Zauberkraft dieser Wurzel dazu benutzte, um für den Bau eines Tempels Felsen zu zersprengen, wurde die Pflanze nach ihm benannt.

Das Salomonssiegel soll die geheimnisvolle Springwurzel sein, mit deren Hilfe man alle Schlösser und Türen öffnen kann, oder wie in Salomos Fall, Felsen sprengen. Laut den Sagen weiß keiner, wo die Springwurzel zu finden ist, man könne sie nur mit Hilfe des Spechts gewinnen. Man müsse den Eingang zu seinem Nest verkleistern oder zusperren, dann hole der Specht die geheimnisvolle Wurzel, um den Eingang zum Nest zu öffnen. Wenn man den Specht in diesem Moment erschreckt, lässt er die Springwurzel fallen. Mit der Springwurzel könne man eiserne Tore öffnen, hinter denen sich große Schätze verbergen.

Der volkstümliche Name Weißwurz stammt von der Bezeichnung des brauchbaren Teils der Pflanze, nämlich der Wurzel, die natürlich weiß ist. Der Name Polygonatum stammt aus dem griechischen poly für viele und gony für Gelenk oder Knie und beschreibt damit die knotigen Glieder des Wurzelstocks.

Salomonssiegel hat eine lückenhafte aber lange Geschichte als Heilpflanze. Dioskurides (1. Jh.) erwähnte sie schon als nützlich für die Behandlung von frischen Wunden und als Mittel gegen Gesichtsflecken. Danach wurde sie kaum noch in der kräuterheilkundlichen Literatur erwähnt bis 1500, wo die „Weißwurz“ kurz Erwähnung findet in Heironymus Braunschweigs „Das Buch der rechten Kunst zü distilieren die eintzigen ding“. Zu dieser Zeit fand Salomonssiegel hauptsächlich Verwendung als Gesichtswasser; hier wurde die ganze Pflanze destilliert und das Destillat als Gesichtswasser verwendet.

Erst im 16. Jahrhundert wurde Salomonssiegel dank John Gerard wieder entdeckt als umfangreiches Heilmittel. Er beschrieb zwar die Wirkung bei Gesichtsflecken aber auch ihre Verwendung bei allen Arten von Erkrankungen des Bewegungsapparates. Gerard schrieb, dass es kein vergleichbares Kraut dafür gäbe.

Leider fand Salomonssiegel keine besondere Beachtung in der Kräuterheilkunde und wurde ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Kräuterbüchern – wenn überhaupt – nur noch kurz nebenher erwähnt.

In der Volksmedizin blieb das Salomonssiegel aber als Heilmittel erhalten. Es wurde vor allem bei Blutergüssen, Prellungen, Stauchungen, Brüchen, Rückenschmerzen, Gicht, Menstruations-beschwerden, Tuberkulose, Husten, Blasensteinen und Verstopfungen eingesetzt sowie nach der Signaturenlehre gegen Hühneraugen, weil diese den Narben des Rhizomes ähneln.

In der Chinesischen Medizin ist Polygonatum (Wurzel) allerdings seit Jahrhunderten eine bekannte und häufig eingesetzte Pflanze. Es werden zwei verschiedene Polygonatum Arten benutzt: Huang Jing – die Sibirische Weißwurz-Wurzel (Polygonatum sibiricum), und Yu Zhu – die wohlriechende Weißwurz-Wurzel (Polygonatum odoratum).

Häufig wird fälschlicherweise auch He Shou Wu oder Fo Ti als Salomonssiegel übersetzt, dies liegt wohl an der Ähnlichkeit der botanischen Namen: Polygonum multiflorum ist der vielblütige Knöterich und Polygonatum multiflorum das Salomonssiegel.

Huang Jing, das Sibirische Salomonssiegel nährt das Yin, stärkt Milz- und Magen-Qi, tonifiziert Niere und Milz und wird häufig bei trockenem Husten eingesetzt.

Yu Zhu, das wohlriechende Salomonssiegel ist in seiner Wirkung ähnlich. Auch Yu Zhu stärkt das Yin und den Magen und ist ein beliebtes Mittel bei trockenem Husten.

Beide Mittel sind vom Geschmack süß und in ihren Eigenschaften neutral, beide sind leicht abführend und beide sind bei Zuständen von Trockenheit, vor allem im Darm, angezeigt.

Die Nordamerikanischen Indianer wussten die Weißwurzel als Heilmittel und Nahrungsmittel zu schätzen. Ihnen war die Heilwirkung auf die Schleimhäute gut bekannt sowie die hervorragende Wirkung bei Gelenks- und Knochenbeschwerden und bei Hautreizungen durch Giftsumach (ein giftiger Efeu).

Die Wurzeln lieferten im kalten Winter wichtige Nahrung. Wegen ihrer interessanten Form war die Wurzel des Salomonssiegels ein beliebter Talisman, dem man Zauberkräfte zusprach. In der Nordamerikanischen Indianer-Kräutermedizin gehörte Salomonssiegel zur Gruppe der Wolfsmedizin. Laut Matt Wood hat Wolfsmedizin mit Veränderung zu tun, neue Wege zu gehen. Pflanzen, die zur Wolfsmedizin gehören, haben oft einen rechten Winkel von Wurzel zu Stengel oder Stengel zu Blatt. Dieser rechte Winkel symbolisiert eine Kreuzung, eine Entscheidung.

Vielleicht haben wir Europäer das Salomonssiegel vergessen, weil wir auch den Wolf vergessen haben bzw. der Wolf nicht mehr zu unserer Landschaft, zu unserem Leben gehört.

In der modernen Kräuterheilkunde ist Salomonssiegel bekannt als blutdruck- und blutzucker-senkendes Mittel, als schleimlösendes und hustenstillendes Mittel, als Mittel gegen Halsschmerzen und Bronchialkatarrh, bei Blutarmut, als herzstärkendes Mittel und hilft bei Prellungen, Schwellungen, Stauchungen und als generelles Tonikum besonders bei Altersbeschwerden. Salomonssiegel hilft außerdem die Sehnen und Bänder zu straffen und laut Matthew Wood (The Book of Herbal Wisdom) hat Salomonssiegel die Fähigkeit, Kalkablagerungen aufzulösen.

Salomonssiegel ist zum Teil giftig. Die Blätter sind schwach, die Beeren relativ giftig und können bei Einnahme Erbrechen, Durchfall, Schwindel, Kopfschmerzen und Atemnot auslösen. Der Giftgehalt der Wohlriechenden Weißwurz ist höher als bei den anderen Arten. Zu Heilzwecken wird nur das ungiftige Rhizom genutzt. Salomonssiegel enthält Glycoside sowie Saponine.

Spirituell & Energetisch

Energetisch hilft die Salomonssiegelwurzel bei einschneidende Veränderungen der Lebensrichtung, hilft Entscheidungen zu treffen, unterstützt spirituell in solchen Lebensphasen und kann den Zugang (als Schlüssel) zur nicht alltäglichen Wirklichkeit erleichtern. Die Wurzel wächst unterirdisch horizontal und ist sehr leicht aus dem Boden zu holen, d. h. die Pflanze ist nicht sehr fest mit der Erde verbunden – so hilft diese Pflanze auch, sich vom Irdischem (der Erde) zu lösen. Das macht den Salomonssiegel auch zu einer Pflanze, die man bei der Sterbebegleitung einsetzen könnte.

Standort und Verbreitung

Man findet Salomonssiegel vor allem in Laubmischwäldern auf lockerem, humus- und kalkhaltigem Lehmboden. Salomonssiegel ist in ganz Europa und Nordasien verbreitet – meist findet man das vielblütige, weniger häufig das wohlriechende Salomonssiegel.

Bestimmungsmerkmale

Mehrjährige Pflanze mit 30–60 cm langem, aufrecht stehendem, oben übergeneigtem Stengel. Die wechselständigen Blätter sind elliptisch und halbstengelumfassend.

Die Blütenstiele entspringen in den Blattwinkeln. Die Frucht ist eine blauschwarze Beere, die giftig ist. Die Wurzel bzw. Rhizome sind fleischig, gelenkförmig.

Das Alter der Pflanze lässt sich an Hand der Rhizom-Gelenke bestimmen – jedes Jahr wird ein neues Gelenk gebildet.
Das vielblütige Salomonssiegel trägt 2-5 weiße Blüten in den Achseln seiner Blätter.

Die Blüten hängen alle nach unten, ihre Form ist glockenähnlich.

Das wohlriechende Salomonssiegel trägt gewöhnlich nur eine Blüte in den Blattachseln und duftet angenehm.

Blüte- und Erntezeit

Die Blütezeit ist von Mai bis Juni.

Im August/September sind die blauschwarzen, kugelförmigen Beeren reif.

Die Wurzeln werden im Spätherbst oder Spätwinter geerntet oder nachdem die Beeren abgefallen sind.

Rezepte

Salomonssiegel-Öl

Rhizome kleinschneiden, über Nacht trocknen lassen und ein sauberes Glas zu 2/3 damit füllen. Das Glas bis auf 1 cm mit Oliven- oder Jojobaöl auffüllen. An einem warmen Ort oder in der Sonne 2-3 Wochen stehen lassen. Absieben, in ein sauberes Glas füllen und kühl und dunkel lagern. Das Öl kann entweder zum Einreiben benutzt werden oder zur Salbenherstellung.

Salomonssiegel-Salbe

50 ml Salomonssiegel-Öl
30 ml Beinwell-Öl oder Arnika-Öl
20 ml Johanniskraut-Öl
12 g Bienenwachs
3,5 ml Vit. E

Bevor Sie jetzt mit der eigentlichen Herstellung der Salbe beginnen, legen Sie einen kleinen Teller in Ihr Gefrierfach, um später die Konsistenz der Salbe damit zu testen.
Das Öl zusammen mit dem Bienenwachs in einem Wasserbad erhitzen, bis das Bienenwachs komplett in dem Öl aufgelöst ist. Um die Konsistenz zu testen, tropfen Sie etwas Öl auf den kalten Teller. Nach wenigen Sekunden erhärtet das Öl-Bienenwachs Gemisch auf dem kalten Teller und Sie können prüfen, ob die Salbe die erwünschte Konsistenz hat. Ist sie zu weich, geben Sie noch etwas Bienenwachs dazu, ist sie zu hart, etwas Öl. Sind Sie mit der Konsistenz Ihrer Salbe zufrieden, ist es Zeit, die noch flüssige Salbe in kleine Tiegel abzufüllen. Füllen Sie die Töpfchen möglichst randvoll, damit die Salbe durch Luftausschluss länger haltbar ist. Zunächst hat die Salbe eine dunkle Farbe, wird aber beim Abkühlen zunehmend heller. Tiegel offen stehen lassen, bis die Salbe vollständig abgekühlt ist, dann verschließen und beschriften.

Alternativ können die Wurzelstücke in Schweinefett ausgezogen und anschließend abgefiltert werden. Bei dieser Art Salbe bedarf es keiner Zugabe von Bienenwachs.

Hilfreich bei Prellungen, Verstauchungen, Muskelschmerzen, Bänderdehnungen, Wunden, Rückenschmerzen.

Salomonssiegel-Tinktur

Frische Rhizome: Rhizome kleinschneiden, ein sauberes Glas damit füllen. Das Glas mit 90-96%-igem Ethanol auffüllen.
Getrocknete Rhizome: Ein Kraut:Alkohol Verhältnis von 1:5 verwenden (Gewicht:Volumen) und 60%-igen Ethanol einsetzen.
An einem dunklen Ort 3-6 Wochen stehen lassen. Täglich schütteln. Absieben, filtern und in ein sauberes Glas füllen. Etikettieren, kühl und dunkel lagern.

Dosierung:

Hund je 10 kg KM: 5 Tropfen 3 x täglich
Katze je 5 kg KM: 2-3 Tropfen 2 x tägl.
Mensch: 10-20 Tropfen 2-3-x täglich

Bei Husten (trocken oder chronisch), HD, Spondylose, Bänderschwäche oder -steifheit, Verstopfung, Schmerzen des Bewegungsapparates oder der Muskeln.